Über Regengüsse und ein sehr kleinlautes Frühstück
el chaparrón: Platzregen, Regenguss
Wir sind klitschnass geworden. = Nos cayó un chaparrón.
Es hat einen Regenguss gegeben. = Ha caido un chaparrón.
Als ich das „Drip, drip, drip“ des Regenwassers hörte, das vom Dach einer unserer örtlichen Strandbars auf den Tisch vor mir tropfte und mich von meinem zweiten Frühstück ablenkte, dachte ich: „Ich gebe auf. Genug ist genug.“
Nichts und niemand kommt zwischen mich und meinen Nutella-Genuss. Nicht einmal mein Stolz.
Tag 1: Córdoba
Als ich zum ersten Mal einen richtigen andalusischen Chaparrón erlebte, hätte ich fast einen kleinen Tanz vollführt. Nachdem ich in den letzten zehn Jahren die Unberechenbarkeit des britischen Wetters mit seinen vier-Jahreszeiten-an-einem-Tag erlebt (und lieben gelernt) hatte, fühlte sich das tägliche Aufwachen unter demselben türkisblauen Himmel, seit wir Anfang Februar nach Andalusien gezogen waren, ein bisschen langweilig an. Und ich teilte jedem, der es hören wollte oder nicht, meine Kritik an der spanischen Sonne mit. Als der Regen endlich kam, hätte ich mir kaum einen besseren Ort wünschen können, um in einen Regenguss zu geraten, als die gepflasterten Gässchen der Altstadt von Córdoba. Leicht abfallend, führten alle Straßen zu der jahrhundertealten Moschee, und der schwere Regen bildete fast sofort Ströme, die wütend über die glänzenden grauen Steine sprangen und in jede Ritze strömten. Córdoba mag seit dem 2. Jahrhundert v. Chr eine Wiege der Zivilisation sein, aber die Kraft dieses Wassers war noch älter. Unerbittlicher.

Tag 5: Wäsche
Nach dem anfänglichen Drama folgte dessen unvermeidliche Fortsetzung: das Mundäne. Verwöhnt mit über 300 Sonnentagen im Jahr, trocknen die meisten hier ihre Wäsche draußen. So gab es nur eine Frage, die den Smalltalk an Tag 5 unerbittlichen Regens dominierte, als ich in Fruterías, Bares und der Peluq (den Friseur) eilte: Wie trocknet man seine Wäsche? Oder eine gängige Variante des Themas: Wie schnell hat man die Wäsche ins Haus geholt, nachdem man leichtgläubig genug war, auf eine Wolkenlücke zu vertrauen.
Wo wir normalerweise unsere Kleidung trocknen …
Tag 9: Risse
Entschlossen, die urdeutsche Einstellung „Es gibt kein schlechtes Wetter, nur falsche Kleidung“ beizubehalten, machte ich mich auf den Weg nach Madrid für eine Woche Urlaub. Doch der Regen folgte mir. Mit manischem Grinsen erkundete ich bei meinen morgendlichen Laufrunden die Gegend und stapfte von einer Sehendswürdigkeit zur nächsten. Doch jede nasse Socke und jeder Pullover, der an meinem Rücken klebte, klammerte sich langsam an meinen Vorsatz, mich nicht über den Regen zu beschweren – wie Seifenwasser, das beim Ausspülen eines Joghurtbechers das Papieretikett aufweicht bis nur eine brauner Brei zurückbleibt.

Tag 10: Zerstörung
So sehr ich auch versuchte, mich zusammenzureißen, die Welt um mich herum tat es nicht. Jeden Tag veröffentlichte die Lokalpresse reißerischere Schlagzeilen mit neuen Niederschlagsrekorden. Eine Strandbarterrasse nach der anderen wurde ins Meer gespült. Nachts lag ich wach und hörte wie sich das Trommeln des Regens gegen unser Fenster mit dem wütenden Tosen des Atlantiks vermischte, und ich war fast überzeugt, durchnässt aufzuwachen. Das ist Global Weirding, Leute. Ich erlebte meine persönliche Klima-Apokalypse.
Tag 15: Zeichen des Wahnsinns
Ich saß in einer Stadt fest, die, abgesehen vom Meer und der Natur, nicht viel Unterhaltung zu bieten hatte. Nach mehreren Wochenenden, dich ich hauptsächlich in unserer Wohnung verbrach hatte, bemerkte ich ernsthafte Persönlichkeitsveränderungen. Seit einem verhängnisvollen Stockenten-Vorfall im Alter von drei Jahren leidete ich unter Vogelphobie. Doch auf einmal war ich fasziniert vom Kommen und Gehen eines beigen Vogels mit konzentrischen Zebrakreisen auf seinem Schweif vor unserem Balkon. Meine obsessive dreisprachige Google-Suche trug schließlich Früchte: Es handelte sich um einen Wiedehopf. Wer hätte das gedacht.
Ich musste raus.
Tag 16: Me está cayendo una que no veas / Ich werde pitschnass.
Fest entschlossen, an dem Plan festzuhalten, den ich mit einem Freund vor zwei Wochen gemacht hatte, beim Spazieren Gehen miteinder zu telefonieren, lernte ich, wie schwierig es ist, mit Regenschirm, waagerechtem Regen und Sturmfluten zu telefonieren. Es gibt also doch so etwas wie schlechtes Wetter!
Tag 20: Unterredung mit den Wettergöttern
So geschah es, dass ich mich im tropfenden Strandcafé wiederfand, den Kopf gen Himmel hob und eine höhere Macht anflehte: Ich nehme alles zurück – die Klagen über den endlosen Sonnenschein und die Monotonie des babyblauen Himmels, die Lobeshymnen auf den Londoner Nieselregen. Bitte. Gebt mir den andalusischen Sonnenschein zurück. ¡Que no hay quien aguante esto! Ni siquiera yo. / Niemand kann das ertragen. Nicht einmal ich.